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Alte Spinnerei an der Lorze, Baar, 2019
Studienauftrag auf Einladung – 2. Rang
Bauherrschaft: Patrimonium Asset Management AG
Zusammenarbeit mit: Albi Nussbaumer Architekten, Konrad Hürlimann Architekten, Zwahlen & Zwahlen Landschaftsarchitekten
Das ehemals industriell genutzte Spinnereiareal wird zu einem neuen Stadtteil von Baar. Die Spuren einer bewegten, industriellen Vergangenheit sollen sichtbar, gestärkt und wahrnehmbar gemacht werden. Vor allem in den letzten 50 Jahren fanden auf dem Areal grosse Veränderungen statt. Der Städtebau orientiert sich gänzlich am Hauptgebäude.
Dank typologischer Differenzierung wird spezifisch auf die umgebende Bebauung und Landschaft eingegangen und ein reichhaltiges Freiraumgefüge geschaffen. Das Spinnereigebäude wird allseitig freigespielt und wahrnehmbar gemacht. Als Hauptbau bestimmt die Spinnerei die räumliche Atmosphäre auf dem Areal und steht im Dialog zu den Neubauten. Durch deren Anordnung bilden sich allseitig grosszügige Zugangsräume, von welchen aus die Mächtigkeit des Gebäudes sicht- und räumlich spürbar gemacht wird. Diese Arealzugänge sind über gassenartig ausgebildete Räume miteinander verbunden. Um den nördlichen mit dem südlichen Arealteil zu verzahnen und räumlich zu verbinden, wird das Erdgeschoss des Mittelbaus freigelegt. Die zwei Trakte der Fabrik erhalten durch diese Massnahme eine Aufwertung der Zugänge zu ihren zentralen Vertikalerschliessungen.
Trotz unterschiedlichen Gebäudeabmessungen und Typologien überragen die Neubauten - bis auf den Hotelbau im Westen – die Traufhöhe der alten Fabrik nicht. Das markante Dach des Spinnereigebäudes bleibt allseitig sichtbar. An der Langgasse befindet sich der Hauptplatz der Gesamtanlage. Dieser grosszügig bemessene – mit einzelnen Bäumen bestückte Freiraum – spielt die Frontalsicht auf das Spinnereigebäude frei. Gerahmt durch den Hallenbau und einem der beiden Wohnbauclusters tritt der Fabrikbau von der Langgasse her grosszügig in Erscheinung. Das ehemalige Portierhaus steckt die nördliche Begrenzung des Platzes ab. Die aufgereihte Stellung der drei nördlichen Bauten erzeugt einen gassenartigen Raum, welcher an die ehemaligen Produktionsgassen auf dem Industrieareal erinnert. Hier wird die enorme Länge der Fabrik erfahrbar. Gegen Westen hin gelangt man zum Platzraum vor dem achtgeschossigen Hotelbau. Die Stirnfassade der Spinnerei, der Hallenbau und das Hotel spannen einen grosszügigen, leicht geneigten und wiederum mit einzelnen Bäumen bestückten Raum auf. Der Blick zur Kirche wird freigespielt. Im Nordosten des Areals befinden sich die zwei durch einen Gassenraum voneinander abgesetzten Wohnbaucluster. Ihre zeilenartige Anordnung quer zur Fabrik ermöglicht Durchsichten zur Langgasse und dem Grünraum entlang des Entwässerungskanals. Im Süden der Fabrik bilden die Neubauten und das bestehende Trafogebäude - perlenkettenartig aufgereiht - wiederum einen langgezogenen Gassenraum.
Die Durchbrüche zwischen den Bauten vermitteln zwischen Lorzenweg und Fabrik. Diese kleinteilige, relativ dichte Struktur erinnert an die ehemals im Süden der Spinnerei stehenden Hallen- und Produktionsgebäude. Gegen Südosten hin dreht sich die Struktur der Gebäude um neunzig Grad ab. Die vier quer zur Strasse hin gesetzten Wohnungsbauten bilden den Übergang an die Zeilenbauten der bestehenden Höllhäuser. Ein leichter Niveausprung führt vom Gassenraum entlang der Wohnungsbauten und dem zweiten Hallenbau hinauf zum vierten Zugangsraum vor dem ehemaligen Kesselhaus. Die Typologien der Gebäude suchen Analogien zu Industriebauten. Ihre aufgereihten, einfachen Dachformen und Stellungen quer und parallel zum Spinnereigebäude lassen das Areal trotz Umnutzung nach wie vor als ehemaliges Industrieareal in Erscheinung treten.